Da war auf einmal diese winzige Mohnblume. Mitten im Pflaster.
Die Blume tat mir schrecklich leid: „So ein großer Garten“, dachte ich, „und ausgerechnet hier musst Du armes Ding nun wachsen?“ Die gesamte Anstrengung ist in diese eine kleine Blüte geflossen, für Blätter hat es schon nicht mehr gereicht. Karges Dasein, wahrlich kein leichtes Schicksal.Schon schämte ich mich, schließlich hatte ich dafür gesorgt, dass die Fläche vor den beiden Garagen sorgfältig gepflastert wurde. Ich wollte keine Fahrspuren mehr sehen, keine Pfützen, keine Schlammschlacht, sondern bei jedem Wetter die adrette Bequemlichkeit sauberer Schuhe.
Außerdem diente mir die Fläche zum Taiji-Üben. Dafür war sie hervorragend, mit Blick in den langgestreckten Garten – ein Blütenmeer.
Apropos – mitten im Blütenmeer wäre mir diese eine Pflanze nie aufgefallen. Eine von Vielen, wer hätte sie je beachtet? Erst ihre exponierte Lage machte sie zu dem, was sie war: Ein echter Hingucker.
Ob die Steine sie betrachten? Einer liegt da neben dem anderen, fest verankert. Vielleicht beneiden sie sogar die kleine Pflanze. Sie kann sich schneller verändern als die Steine und sie ist in Bewegung, wenigstens der Stängel. Vielleicht folgt die Blüte auch dem Sonnenstand, eine stille Kommunikation mit der Umwelt.
Die kleine Blume ist, was sie ist. Und sie ist, wo sie ist. Sie kann nicht anders.
Sie tut alles, was sie kann. Die Alternative wäre nur das Nicht-Sein.
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