Zheng Manqing (auch Cheng Man Ch’ing) lebte von 1900 – 1975, daher konnte ich auch ihn und sein Taijiquan leider nicht persönlich kennenlernen. Das hätte ich se gern, denn ich habe einiges über ihn und sein Leben gelesen, was ich mit eigenen Eindrücken gerne würde abgleichen wollen.
Mit der Tradition brechen: Zheng Manqings kühner Schritt, die Yang-Form des Taiji zu verändern
Zheng Manqing lernte und unterrichtete Yang-Stil Taijiquan, denn sein Lehrer war Yang Chengfu. Dieser war ein Enkel des Begründers des Yang Stils.
Yang Chengfu soll sehr talentiert, aber auch sehr korpulent gewesen sein. Jedenfalls nahm er viele Änderungen zum Kampfstil seiner Ahnen vor. So wurden unter anderem die Sprünge entfernt. Seinen kämpferischen Fähigkeiten soll das nicht geschadet haben.Zheng Manqing wiederum schuf die sogenannte Kurzform, indem er die aus 108 Bildern bestehende traditionelle Langform auf 37 (bzw. 38, je nach Zählweise) Bewegungen kürzte, wobei er Wiederholungen eliminierte.
Persönlich bin ich ihm dafür sehr dankbar, denn, wenn ich die Kurzform langsam laufe, brauche dich schon eine halbe Stunde dafür und manchmal habe ich ja auch noch anderes zu erledigen.
Yang Chenfu und Zheng Manqing waren sicher beide auch „Kinder ihrer Zeit“.
In China fanden große Umwälzungen statt, politische und soziale, die sich auch auf das Taijiquan auswirkten. War im kaiserlichen China das Taijiquan innerhalb der Familien weitergegeben worden, wurde es nun der breiten Masse zugänglich gemacht.
Dabei standen vor allem die gesundheitlichen Aspekte im Vordergrund, denn China musste sich nach Jahrhunderten hinten der großen Mauer nun den Ausländern öffnen.
Das brachte gesundheitliche Risiken für die Bevölkerung mit sich, denen durch die Verbreitung von gesundheitsfördernden Techniken, wie dem Taijiquan, vorgebeugt werden sollte.
Die kämpferischen Aspekte sollten dagegen nicht unbedingt an Hinz und Kunz vermittelt werden (für mich eine ganz vernünftige Idee).
Das alte chinesische Geheimnis für bessere Gesundheit: Tai Chi Chuan
Zheng Manqing soll Zeit seines Lebens eine eher labile Konstitution gehabt habe, was er selbst wohl als Gewinn für sich betrachtet. Wurde er im Üben nachlässig, zwang ihn seine nachlassende Gesundheit das Tai Chi wieder aufzunehmen.
Er soll in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) brilliant gewesen sein und aus diesen Kenntnissen resultierten wohl auch einige der Änderungen in der Form.
Dennoch reduzierte er das Taijiquan nicht auf Heilgymnastik. Der Professor, wie er von seinen Schülern genannt wurde, soll in seinem Unterricht viel Wert auf Tuishou gelegt haben und seine kämpferischen Fähigkeiten sind in vielen Filmaufnahmen erkennbar.
Wie viele andere Chinesen auch zog Zheng Manqing es vor, dem kommunistischen China den Rücken zu kehren und nach Taiwan zu gehen. Hier wurde unter anderem Huang Sheng Shyan sein Schüler.
Auch Liang Tung Tsai (T.T. Liang, 1900-2001) lernte von ihm und begleitete ihn später nach New York.
Taijiquan im Westen
Zheng Manqing soll auf Bitten der UNO nach New York gekommen sein, wo er als eine Art Kulturvermittler tätig werden sollte.
Daneben gründete Zheng Manqing eine Taijiquan Schule. Wenn die Erzählungen von T.T. Liang stimmen, waren es ganz banale finanzielle Notwendigkeiten, die ihn dazu brachten.
Während seine New Yorker Zeit aus Sicht seines Schülers Wolfe Lowenthal sehr charmante und liebenswerte Seiten des Professors beschreiben, ist die Schilderung T.T. Liangs teilweise etwas unvorteilhafter.
Beides kann wahr sein, denn ob seine US-amerikanischen Schüler eine Wahrnehmung für traditionelles chinesisches Rivalitätsgehabe hatten, halte ich für fraglich.
Literaturempfehlung 1.) Wolfe Lowenthal beschreibt in seinen Büchern "Es gibt keine Geheimnisse" und "An der Pforte zum Wunderbaren" in kurzen Abschnitten seine Zeit mit Cheng Man Ching. Es sind seine persönlichen Erinnerungen an den Unterricht, aber auch alltägliche Begebenheiten. Kurzweilig und unterhaltsam geschrieben, leider nur noch antiquarisch erhältlich. 2.) Stuart Alve Olson beschreibt in seinem Buch Steal My Art: The Life and Times of T'ai Chi Master T.T. Liang: Memoirs of a 100 Year Old T'ai Chi Master die Zeit, die er mit Liang verbrachte. Auch in diesem Buch werden Anhand von Anekdoten und Geschichten das Leben und die Lebensumstände T.T. Liangs in China, Taiwan und den USA nachgezeichnet.
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